Politik
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Deutschlands politische Zukunft: Wahl im Schatten des Populismus?
Ein Tabubruch im Bundestag? Erstmals wurde ein Antrag mit den Stimmen von CDU/CSU, AfD und FDP verabschiedet – und er fordert eine drastische Verschärfung der Grenzpolitik.
Deutschlands politische Zukunft: Wahl im Schatten des Populismus?
Deutschlands politische Zukunft: Wahl im Schatten des Populismus? / Photo: DPA (dpa)
27. Februar 2025

Der Bundestag hat erstmals mit den Stimmen der CDU/CSU, AfD und FDP einen Antrag verabschiedet. Der Antrag, der von der Unionsfraktion eingebracht wurde, zielt darauf ab, die deutschen Grenzpolitiken drastisch zu verschärfen.

In der Abstimmung wurde der Antrag mit 348 Ja-Stimmen angenommen, während 344 Abgeordnete dagegen stimmten und 10 sich enthielten. Die Unterstützung kam von 187 Abgeordneten der CDU/CSU, 75 der AfD, 80 der FDP und 6 fraktionslosen Abgeordneten. SPD, Grüne und Linke lehnten den Antrag ab, während das Bündnis Sahra Wagenknecht sich der Stimme enthielt.

Der verabschiedete Antrag umfasst den Fünf-Punkte-Plan, den CDU-Chef Friedrich Merz nach einem Vorfall in Aschaffenburg vorgestellt hatte. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung aufgefordert, die Grenzkontrollen dauerhaft durchzuführen und Migranten bereits an den deutschen Grenzen zurückzuweisen – auch dann, wenn sie einen Asylantrag stellen.

Strategische Annäherung der CDU an die AfD?

CDU/CSU, derzeit in der Opposition, haben in den letzten Jahren ihre Umfragewerte gesteigert und sich zur führenden politischen Kraft entwickelt. Besonders die zunehmende Kritik an der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik der Ampel-Koalition hat die CDU für viele Wähler zu einer verlässlichen Alternative gemacht. Doch parallel zu diesem Aufstieg gibt es vermehrt Kritik daran, dass sich die Partei immer weiter nach rechts bewegt.

Die Migrationspolitik ist in den letzten Jahren eines der zentralen Themen für die deutsche Wählerschaft geworden. Die AfD nimmt mit ihrer migrationskritischen und nationalistischen Rhetorik eine klare, harte Haltung ein. Der im Bundestag verabschiedete Antrag von CDU-Chef Friedrich Merz in der Migrationspolitik sorgt für Diskussionen über eine mögliche Annäherung der CDU an die AfD.

Merz forderte eine Verschärfung der deutschen Migrationsgesetze und eine Beschleunigung von Abschiebungen, was den Eindruck erweckte, er wolle AfD-Wähler ansprechen. Tatsächlich wurde der Antrag mit der Unterstützung der AfD im Bundestag verabschiedet. Besonders seine Aussage: „Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt.“ deutete darauf hin, dass er eine Mehrheit für seine Vorschläge mit den Stimmen der AfD im Bundestag in Kauf nahm. Dies stellte einen Präzedenzfall im Parlament dar.

Diese Positionen haben nicht nur innerhalb der CDU, sondern auch in der Öffentlichkeit für heftige Diskussionen gesorgt. Bundeskanzler Olaf Scholz und andere SPD-Vertreter werfen der CDU vor, die sogenannte „Brandmauer“ zur AfD zu schwächen. Grüne und SPD kritisieren, dass die CDU mit populistischen Maßnahmen der AfD inhaltlich näherkommt – eine Einschätzung, die durch die jüngsten Entwicklungen gestützt wird. Allerdings betont Merz, es werde keine Zusammenarbeit mit der AfD geben und diese bleibe weiterhin ein politischer Gegner der CDU. Doch selbst wenn diese Rhetorik nur eine taktische Wahlkampfstrategie ist, um AfD-Wähler für die CDU zu gewinnen, normalisiert sie letztlich die extreme Rechte und zieht sie näher in die politische Mitte.

AfD auf dem Vormarsch: Alternative oder Rivale der CDU?

Die in den letzten Jahren steigenden Umfragewerte der AfD zeigen, dass rechtspopulistische Strömungen in Deutschland an Einfluss gewinnen. Lag die Partei 2021 noch bei etwa 10 Prozent, so erreichte sie 2023 Werte von über 20 Prozent. Hinter diesem Aufstieg stehen insbesondere Sorgen um Migration und Sicherheit.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands verstärken zudem migrationskritische Stimmungen in der Bevölkerung. Die AfD nutzt diese Unsicherheiten für sich, indem sie eine harte Migrationspolitik propagiert. Parteichefin Alice Weidel verspricht in ihrem Wahlkampf, die deutschen Grenzen vollständig zu schließen, und spricht damit direkt migrationskritische Wähler an.

Die CDU versucht unterdessen, mit ihren strikteren Vorschlägen zur Migrationspolitik diejenigen Wähler zurückzugewinnen, die zur AfD abgewandert sind. Dies wirft jedoch die Frage auf, ob die CDU dabei ihren Abstand zur extremen Rechten wahren kann.

SPD und Grüne unter Druck

Die Regierungsparteien SPD und Grüne haben in den letzten Jahren massiv an Zustimmung verloren. Gewann die SPD noch 2021 mit über 25 Prozent der Stimmen die Wahl, so liegt sie derzeit bei etwa 15 Prozent. Die Grünen bemühen sich zwar, das Interesse an Klimapolitik und Umweltschutz aufrechtzuerhalten, doch Themen wie Sicherheit, Krieg in der Ukraine, Wirtschaft und Migration stehen für viele Wähler inzwischen im Vordergrund.

SPD und Grüne kritisieren die CDU für ihren Kurs in der Migrationspolitik, kämpfen jedoch auch intern mit der Frage, wie sie dieses Thema angehen sollen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte in Bezug auf die Vorschläge der CDU: „Dann geht Europa kaputt “ und argumentierte, diese verstießen gegen EU-Recht.

Der Rückgang der SPD zeigt, dass die Wähler das Vertrauen in die großen Parteien verloren haben und nach Alternativen suchen. Diese Alternativen liegen jedoch häufig im rechtspopulistischen Spektrum, was die politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland grundlegend verändert.

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) rückt mit seiner migrationskritischen Haltung und seinen Parallelen zur CDU zunehmend ins Rampenlicht.

Wahl im Schatten des Populismus?

Mit der Bundestagswahl 2025 steht Deutschland vor einer entscheidenden Weichenstellung. Die CDU versucht, sich als führende Kraft zu positionieren, während sie sich gleichzeitig der Frage stellen muss, wie viel Nähe sie zur AfD zulässt. Die Verluste von SPD und Grünen zeigen, dass das Vertrauen der Wähler in die Regierungsparteien schwindet. Parteien wie FDP und BSW könnten durch ihre Positionen zu Migration und Wirtschaftspolitik eine Schlüsselrolle spielen.

Die zentrale Frage bleibt jedoch, ob die CDU langfristig eine gemäßigte Mitte-Rechts-Position einnehmen kann oder sich zunehmend von rechtspopulistischen Strömungen beeinflussen lässt. Deutschland steht vor einer Wahl, die nicht nur eine Regierung bestimmen, sondern auch die politische Richtung des Landes auf Jahre hinaus prägen wird.

QUELLE:TRT Deutsch
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